Auf den richtigen Zeitpunkt kommt es an
Wie sich über einen Bewusstseinswandel zum eigenen Stromverbrauch effektiv ein Beitrag zur CO2-Reduktion leisten lässt.
Mit ihrem Vorhaben trifft Transfer-Fellow Alona Zharova den Nerv der Zeit. Sie möchte eine Plattform für Privathaushalte etablieren, die diesen helfen soll, ihren Energiebedarf besser zu verstehen und zu steuern – mittels einer zeitlichen Verschiebung des Stromverbrauchs zur Senkung der CO2-Emissionen. Denn wir wissen, dass jeder Mensch einen ökologischen Fußabdruck hinterlässt: Unser Energiebedarf steigt und steigt und unsere derzeitigen Bemühungen, die CO2-Emissionen zu reduzieren, reichen nicht aus, um den Klimawandel aufzuhalten.
Über Alona Zharova
Alona Zharova ist Postdoktorandin am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihr Forschungsbereich umfasst datenzentrierte KI, die Entwicklung von Empfehlungssystemen und Multi-Agenten-Systemen sowie die Entwicklung und Implementierung von Entscheidungsunterstützungssystemen zur nachfrageseitigen Minderung des Klimawandels. Zuvor promovierte sie in Statistik und Ökonometrie.
In 2023 wurde sie in das Add-on Fellowship for Interdisciplinary Economics and Interdisciplinary Business Administration der Joachim Herz Stiftung aufgenommen und 2024 zusätzlich für das Transfer-Fellowship ausgewählt.
Große Hebelwirkung möglich
Der Gebäudesektor ist für etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich, wovon 70 Prozent auf private Haushalte entfallen (Umweltbundesamt 09/2024 und DENA-Gebäudereport 2024). Damit birgt die CO2-Reduktion in Privathaushalten ein großes Potenzial für einen Hebeleffekt: Schon kleine Änderungen einer Variablen können zu großen Ausschlägen im Gesamtergebnis führen. So auch im Vorhaben von Zharova, in dem sie einfache Lösungsmöglichkeiten aufzeigt, wie Privatpersonen durch geringfügige Änderungen ihres Stromnutzungsverhaltens einen effektiven Beitrag leisten können.
Um das Einsparungspotenzial zu heben zielt die Plattform auf eine effiziente Nutzung des Energiemixes unserer Stromversorger aus erneuerbaren Energien wie Windkraft oder Biogas sowie fossilen Energiequellen wie Kohle oder Erdgas ab. Denn wenn Endverbraucher:innen beispielsweise die Waschmaschine genau dann einschalten, wenn die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien im Stromnetz besonders hoch ist, hat dies einen Effekt der Einsparung fossiler Energiequellen.
"A Cleaner Tomorrow"
Über die webbasierte Plattform lässt sich schnell tagesaktuell erfassen, wann der optimale Zeitpunkt für eine umweltfreundlichere Energienutzung in der eigenen Region gegeben ist.
Einen hohen Nutzen hat dieses Verfahren schon jetzt für die Verbraucher:innen, die smarte Haushaltsgeräte verwenden. Darin hat auch die Idee Zharovas ihren Ursprung. Denn als passionierte Entwicklerin von Anwendungen und Integrationen für Smart-Home-Systeme programmiert sie anhand von Mikrocontrollern Smart Devices für das Energiemanagement im eigenen Haushalt. So erforscht sie auch die Möglichkeiten der Automatisierung mit Smart-Home-Systemen, um die nachfrageseitige Minderung des Klimawandels zu fördern.
Breite Nutzung mittels niedrigschwelliger Anwendung
Mit dem Vorhaben, ihre Entwicklung in die Anwendung zu bringen, geht es Zharova insbesondere darum, eine Breitenwirkung zu erzielen. So stellt sie ihre Plattform "A Cleaner Tomorrow" – derzeit noch als Beta-Version – auch als Open-Source-Lösung zur Verfügung. Basierend auf Daten der Bundesnetzagentur bietet sie generalisierte Empfehlungen zur gezielten Nutzung des Stromnetzes. Die Nutzer:innen können tagesaktuell für ihre Region einsehen, wann die Nutzung des Stromnetzes besonders sinnvoll ist oder besser vermieden werden sollte.
Insgesamt umfasst das Vorhaben des KI-basierten, datengetriebenen Empfehlungssystems drei Produkte: den webbasierten Dienst der Plattform, die Anwendung als mobile App sowie eine modulare Schnittstelle für die Integration in Angebote von Energieunternehmen. Damit schließt Zharova über die Endverbraucher:innen hinaus auch die Energieversorger als Zielgruppe mit ein.
Neben den genannten generalisierten Empfehlungen ohne Nutzung von Verbrauchsdaten aus Privathaushalten, sieht Zharova zudem ein personalisiertes Empfehlungssystem vor. Dies soll Daten des individuellen Stromverbrauchs einbeziehen und passgenaue Empfehlungen für die Haushalte generieren – unter Berücksichtigung des Energieverbrauchsmusters des Haushalts, der Verfügbarkeit der Bewohner sowie der Nutzungsprofile der Haushaltsgeräte.
Langfristig zielt Zharovas Vorhaben mit der konkreten Anwendung ihrer Forschungserkenntnisse darauf ab, einen Bewusstseinswandel im persönlichen Stromnutzungsverhalten zu bewirken und Verbraucher:innen für dessen Auswirkungen auf den Klimawandel zu sensibilisieren. Um Verbesserungspotenziale ihrer Anwendung zu identifizieren, ergänzt sie ihr Transfer-Vorhaben um eine Studie. Mit dieser erhebt sie das Nutzungsverhalten und die Wirksamkeit der Plattform unter realen Bedingungen.
Das Transfer-Fellowship
Mit den Transfer-Fellowships unterstützen wir Add-on Fellows oder Ehemalige des Add-on Fellowships for Interdisciplinary Economics and Interdisciplinary Business Administration, die auf Basis ihrer wissenschaftlichen Erkenntnisse eine Transferidee verfolgen möchten und damit auf einen gesellschaftlichen Impact abzielen. Die Förderung von bis zu 80.000 Euro soll ihnen den erforderlichen Freiraum bieten und ihr Netzwerk an Gleichgesinnten erweitern, die sich ebenso für eine größere gesellschaftliche Wirkung ihrer Forschung einsetzen.