Mit digitalen Medien den Unterricht transformieren
Dr. Benedikt Heuckmann, Professor für Didaktik der Biologie an der Universität Münster, untersucht, wie mithilfe digitaler Medien wissenschaftliche Erkenntnisse in das Lehramtsstudium integriert werden können und wie die Digitalisierung praxisnah den Unterricht bereichert.
Im Interview gibt er Einblicke in seine Forschung und erzählt, wie die Förderung des Kolleg Didaktik:digital ihn dabei unterstützt.
Herr Professor Heuckmann, was hat Sie dazu motiviert, auf dem Gebiet der Biologiedidaktik aktiv zu sein?
Mich motiviert das Potenzial, mit digitalen Medien das Lehren und Lernen von Biologie transformieren zu können, immer wieder aufs Neue. Mir ist es wichtig, Lehrkräftebildung zeitgemäß zu gestalten und wissenschaftliche Erkenntnisse zu digitalen Medien praxisnah zu vermitteln. Ich habe große Freude daran, digitale Tools auszuprobieren und zu verdeutlichen, dass ein gezielter Einsatz von digitalen Tools zu verbesserten Lernergebnissen führen kann. An dieser dynamischen Entwicklung teilzuhaben und sie mitzugestalten, ist eine enorme Motivation.
Der Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis und umgekehrt ist entscheidend für eine gute Bildung. Wie gelingt Ihnen dieser Brückenschlag?
Wir setzen auf eine ko-konstruktive Zusammenarbeit, um Studierende frühzeitig in die Praxis einzubeziehen, sie zu vernetzen und Innovationen voranzutreiben. Mir ist es wichtig, beim Transfer nicht unreflektiert vorzugehen und die Perspektive der Lehrkräfte und Lernenden einzubeziehen. Ein Format, das sich in der Lehrkräftebildung bewährt hat, sind Lehr-Lern-Labore. Studierende verknüpfen bei uns fachliche Inhalte mit didaktischen Modellen und digitalen Werkzeugen, bevor sie eigene Konzepte in der Praxis erproben und angeleitet reflektieren. Das Format stößt auf großes Interesse bei allen Beteiligten.
Wie werden Studierende dabei unterstützt, sich frühzeitig auf den Einsatz digitaler Medien im Unterricht vorzubereiten und ihre Kompetenzen zu stärken?
Die Lehrkräftebildung profitiert davon, dass schon in der ersten Phase an den Hochschulen intensiv diskutiert wird, wie digitale Technologien gewinnbringend in den Unterricht integriert werden können. Ich sehe einen enormen Wunsch der Studierenden, sich im Umgang mit digitalen Medien zu professionalisieren. In ihren Praxisphasen erleben sie, dass und wie digitale Tools an Schulen genutzt werden.
Für mich ist es entscheidend, sie frühzeitig für einen gelungenen Einsatz zu sensibilisieren und durch ihre Professionalisierung Kompetenzen auf- und eventuelle Barrieren abzubauen.
Welche Rahmenbedingungen wären Ihrer Meinung nach notwendig, um solche Prozesse zu optimieren und langfristig zu etablieren?
Neben ausreichend Zeit und Ressourcen im Studium und in der Schulpraxis ist nach wie vor eine funktionierende Infrastruktur entscheidend. Wir sind hier auf einem guten Weg. Ich wünsche mir jedoch mehr kontinuierliche Begegnungsräume zwischen Hochschulen und Schulen, um gemeinsam Konzepte zu entwickeln und Evidenzen für den effektiven Einsatz digitaler Werkzeuge zu identifizieren. Dies kann gelingen über partizipative und ko-konstruktive Formate, wo wir mit Lehrkräften und Studierenden den Implementierungsprozess gestalten.
Ohne das Kolleg Didaktik:digital hätten wir die Innovationen in unserer Lehre nicht so schnell umsetzen können.
Dr. Benedikt Heuckmann
Wie gestalten Sie den Prozess der Implementierung Ihrer Forschungsergebnisse in den Unterricht und welche Rolle spielen dabei Ihre Studierenden?
Der Prozess beginnt bereits in der Hochschule: Die Studierenden sind die nächste Generation von Lehrkräften. Ich möchte sie ermutigen, aktiv zur Veränderung des Unterrichts beizutragen, neue Konzepte auszuprobieren und dabei Theorie-Praxis-Bezüge zu reflektieren. Dies kann sowohl an der Universität als auch in Schulen geschehen.
Dieser Ansatz bietet viele Vorteile: Studierende sammeln reflektierte Praxiserfahrungen, Lehrkräfte erlernen den erfolgreichen Einsatz digitaler Werkzeuge, Schüler:innen profitieren von neuen digitalen Medien und wir als Forschende können den Prozess empirisch begleiten.
Gibt es ein erfolgreich integriertes Format im Bereich der Biologiedidaktik, auf das Sie besonders stolz sind?
Uns ist es gelungen, das angesprochene Lehr-Lern-Labor dauerhaft in unser Veranstaltungsangebot zu integrieren und eine Brücke zwischen Fachwissenschaft, Fachdidaktik, Unterrichtspraxis und dem kontinuierlichen Einsatz digitaler Medien zu schlagen.
Ein Beispiel: Im Physiologie-Labor lernen die Studierenden digitale Tools kennen, mit denen in der biowissenschaftlichen Forschung Messdaten erfasst und verarbeitet werden. Darauf bezogen entwickeln sie eigene Konzepte für Lernarrangements mit Schüler:innen, erproben diese wiederholt und reflektieren ihre Praxiserfahrungen. Sie lernen digitale Tools als sinnvolle Unterstützung einzubinden und gleichzeitig die Faszination für das Lebendige zu vermitteln.
Das Format hilft, Hürden im Einsatz digitaler Tools abzubauen, etwa in Bezug auf 3D-Modellierungen, Augmented Reality oder die digitale Messwerterfassung. Es motiviert die Studierenden aber auch, kreativ weiterzudenken.
Erst kürzlich hat eine Studentin in ihrer Abschlussarbeit mittels 3D-Druck ein flexibel pumpbares Herzmodell entwickelt, mit dem Schüler:innen den Blutkreislauf ausgehend von ihren Vorstellungen vom Aufbau des Herzens erarbeiten. Ein neuer Zugang, ermöglicht durch die Potenziale digitaler Tools.
Bei aller Euphorie für die transformativen Chancen digitaler Werkzeuge sehe ich die didaktische Forschung auch verstärkt in der Pflicht, Erträge für den wirksamen Einsatz digitaler Technologien aufzuzeigen und angemessen zu kommunizieren. Herausfordernd ist dabei die Geschwindigkeit, mit der digitale Veränderungen gerade in Zeiten künstlicher Intelligenz auftreten. Hier gilt es, Forschung und Praxis zu adaptieren und die Potenziale systematisch und bedarfsgerecht zu untersuchen.